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Yonimassage-Coaching für zwei Frauen

Eine Frauenhand drückt einen Waschlappen über einer Schüssel mit Wasser und Rosenblütenblättern aus.

Sel­ten, sehr sel­ten gebe ich ein Mas­sage­coach­ing, bei dem zwei Per­so­n­en sich in mein­er Prax­is massieren. Neulich waren zwei Frauen bei mir zu Gast und haben so ein Coach­ing genom­men. Bei­de kan­nte ich schon lange aus der sex­u­al- und trau­mather­a­peutis­chen Einze­lar­beit. Ich hat­te ihnen die Yon­i­mas­sage zuvor schon mal am Mod­ell gezeigt und die bei­den hat­ten es alleine zu Hause ver­sucht. Weil vor allem X Schwierigkeit­en hat­te, eine gute Posi­tion zu find­en, um die Mas­sage zu geben, hat­te ich ein Coach­ing in mein­er Prax­is vorgeschla­gen.
Wir hat­ten uns darauf ver­ständigt, dass ich zu Beginn jew­eils die sinnliche Erweck­ung* und eine kurze Ganzkör­per­mas­sage anleite und dann die aus­führliche Yon­i­mas­sage. Am ersten Tag sollte es die Hin­runde geben (Y massiert X) und am zweit­en Tag die Rück­runde (X massiert Y). Mit ein paar Wochen Abstand haben die bei­den mir den fol­gen­den Bericht über ihr Erleben geschickt und mir die Erlaub­nis gegeben, ihn hier zu veröffentlichen:

Y berichtet:


Wir hat­ten am Abend vor unser­er Abreise nach Ahrens­burg noch das Los entschei­den lassen, wer zuerst die Yoni-Mas­sage empfängt. X sollte die Erste sein. Wir hat­ten recht gut geschlafen und um 10 Uhr ging es dann los. Vorher atmeten wir noch nach BBTRS Meth­ode (bio­dy­nam­ic breath­work trau­ma release sys­tem). Zuerst gab es ein Gespräch.

Danach bere­it­eten wir alles vor und es war sehr über­raschend für mich, dass die Anwe­sen­heit von Han­na total angenehm war. Keine Sekunde fühlte ich mich blöd durch ihre Anwe­sen­heit. Wed­er bei der «sinnlichen Erweck­ung» und Ganzkör­per­mas­sage noch später dann bei der Yoni-Mas­sage selb­st. Ich kon­nte mich sehr gut darauf ein­lassen, mich von Han­na führen zu lassen und doch ganz und gar bei X und mir selb­st bleiben und ein­fach das tun, was ich wusste, dass es jet­zt ger­ade richtig ist. Ich dachte nicht daran, was Han­na denken kön­nte oder dass ich was falsch machen kön­nte. Ich fühlte mich sich­er und ich kon­nte gut X wahrnehmen, wie es ihr geht und wie es mir geht und dass Han­na dabei ist und es war alles ganz natür­lich und fre­und­schaftlich, so als wäre ich mir sowas von Kind an gewohnt. So nor­mal fühlte es sich auch an. Keine Spur von sich bloßgestellt fühlen oder irgend­wie zu was gezwun­gen, noch dass ich sowas von X wahrgenom­men hätte. Es war schön so offen zu sein, keine Angst zu haben vor dem inti­men Ein­blick, den ich auch schon beim «Geben» ganz offen gewährte. Ich zeigte auch meine eigene Freude an der Berührung. An der Freude der sinnlichen Erweck­ung, zuzuschauen und dabei zu sein, Teil davon zu sein. Wenn immer ich Blick­kon­takt tauschte mit Han­na, hat­te ich das Gefühl, dass sie verstand. 

Es war so würdevoll. So schön und rund.

Ich sagte bei der Brust­mas­sage, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass es Jemand gibt, der das nicht so abso­lut himm­lisch find­et das zu machen. Der Raum war da und ich kon­nte ihn müh­e­los hal­ten. Ich hat­te bei X die Yoni-Mas­sage schon gemacht vorher und auch das «Map­ping»*. Es war gut spür­bar, dass sich bei ihr viel verän­dert hat­te. Vor allem bei dem «Map­ping». Gle­ichzeit­ig war aber auch der Raum offen, dass sich nochmals einiges lösen kon­nte. Ich war auch stolz auf den Mut von X und von uns allen. Es war so würde­voll. So schön und rund. So respek­tvoll und würdi­gend und in tiefer Ver­bun­den­heit und Ange­bun­den­heit, so dass man spüren kon­nte, dass es ein­fach etwas ist, das richtig ist, natür­lich ist und so ein Aus­tausch ganz sich­er keine Erfind­ung der Neuzeit ist. Das war schon mal so natür­lich und nor­mal, so lustvoll und «lustig» (ein Wort für humor­voll) auch. So umar­mend der wahren Schön­heit, wo alle reich­er am Ende sind und nie­mand aus­ge­beutet. Es scheint mir auch ein Plus zu sein, dass mir dies nicht in die Wiege gelegt wor­den ist und es langsam unbe­merkt verblasst ist, wie es ver­mut­lich noch oft geschieht, son­dern dass ich gezwun­gen war genauer hinzuse­hen, wenn ich die Trau­ma­ta auflösen wollte und wenn ich endlich ich sein wollte. Dass was vor den Nar­ben war, kon­nte so auch erforschbar wer­den und diese Frage stand natür­lich im Raum bei mir. Wenn da gar nicht offen­sichtliche Nar­ben sind, dann sehen Viele ver­mut­lich gar nie genau hin.

Am Abend kocht­en wir gemütlich, rede­ten über die Erfahrun­gen und schaut­en dann noch in einen Film rein, den Han­na uns aus­lieh, wo es um Yon­i­mas­sage ging. Vor dem Schlafen macht­en wir nochmals BBTRS und wir schliefen bei­de gut. Am anderen Tag starteten wir wieder um 10 Uhr. Wir hat­ten gut geschlafen und auch dies­mal wieder etwas geat­met vorher. Wir tauscht­en uns nochmals aus mit Han­na und dann war ich dran mit Emp­fan­gen. Ich hat­te den Vorteil, den Ablauf schon genauer zu ken­nen. Wir hat­ten die Abmachung, dass Han­na bei mir mehr nach­fra­gen darf und dass sie X auch helfen darf und sie mich auch berühren darf. Die sinnliche Erweck­ung fand ich sehr schön und dann das viele Kokosöl über­all. Ich fasste mich auch gerne so sel­ber an, kon­nte gut atmen dazu und fühlen. Bei der Yon­i­mas­sage kon­nte erst X die Posi­tion kaum ein­nehmen und sie bekam einen Krampf. Für sie war das nicht so ein­fach. Mit Ver­ständ­nis und der Option, dass wenn es gar nicht geht auch Han­na die Mas­sage weit­er­ma­chen kann, wenn ich das dann auch will in dem Moment, ging es dann. Ich wollte auf keinen Fall, dass es für X unbe­quem ist. Das war schon ein «Prob­lem» als wir die Yon­i­mas­sage zuhause allein ver­sucht hatten.

Dieses Vertrauen und Vertrauen können öffnete Dimensionen und ließ etwas Heilsames hindurchfließen.

Es war schön für mich, wenn Han­na mich auch berührt hat, um es X genauer zu zeigen. Es hat mich berührt, dass es mich berührt hat. Es war schön, dass das so ging und sich ein­fach nor­mal anfühlte, obwohl ich es fühlte. Dass die Per­le klein ist bei mir, hat mich ein wenig «gfuxt» (geärg­ert), aber mit Augen­zwinkern und Schmun­zeln über mich selb­st. Das Map­ping war für mich das erste Mal und ich habe eine Weite erkun­det und erfasst, die gröss­er war als ich dachte. Es gab Stellen die schwierig waren und da bat ich um ein Ver­weilen dort. An ein­er Stelle war sehr hil­fre­ich, dass Han­na mit mir da rein geat­met hat und mich unter­stützt hat. Ich kon­nte die ener­getis­che Unter­stützung klar fühlen. Ich kon­nte es gut sagen, oder auf andere Art mit­teilen was gut war oder wenn ich was anderes brauchte, wann genug war. Das Nach­fra­gen zwis­chen­durch von Han­na, wie es sich anfühlt, wie es mir geht, das war hil­fre­ich, um ganz dabei zu bleiben. Ihre Anwe­sen­heit bei dieser Intim­ität war sehr heil­sam, weil sie so nor­mal und dabei so schön war. Dieses Ver­trauen und Ver­trauen kön­nen öffnete Dimen­sio­nen und ließ etwas Heil­sames hin­durch­fließen. Ich kon­nte wie erken­nen, dass das nor­mal ist, wenn ich zugle­ich mich und das Rund­herum als «nor­mal» wahrnehme.

Danach war ich sehr weich, offen und auch ver­let­zlich. Und es hielt natür­lich auch an, dieses Vul­ner­a­ble. Ich ent­deck­te am Abend noch empört, dass aus irgendwelchen unerfind­lichen Grün­den, man mein Geheim­nis ken­nt. Ich habe eine Anleitung für san­fte Kli­toris Mas­sage gese­hen und da war ganz offen beschrieben, wo genau der empfind­lich­ste Punkt der Per­le ist. Ich dachte, das sei sich­er bei allen anders und nur bei mir genau dort.
Wir haben einen schö­nen Spazier­gang gemacht und am Abend dann wurde es aber komisch wegen unser­er Weit­er­reise nach Berlin. Das war nicht so gut für mich. Ich wollte doch gerne sinnlich bleiben, nach­fühlen und behut­sam integrieren.

Ich habe vergessen noch aufzuschreiben, dass ich, als ich die Emp­fan­gende war, Migräne hat­te schon vorher. Ich wollte aber nichts nehmen, weil das meine Wahrnehmung getrübt hätte. Es war dann während der Mas­sage so in Wellen mal mehr mal weniger zu spüren. Am Ende war es etwas weniger als vorher, blieb aber bis am Abend. Ich ver­mute, es hat damit zu tun, dass es für mich noch nicht ganz ohne Schmerz geht. Da ist irgen­deine Verbindung noch. Ich wird’s schon noch raus­find­en, denke ich.


Eine Frauenhand zieht eine Perlenkette über den Rücken einer Frau.

X berichtet:


Ich weiß, dass ich aus Schutz und aus Angst so etwas wie eine Schutz­mauer um mich herum errichtet habe, ins­beson­dere wenn es um Sex­u­al­ität geht. Mit Y habe ich in den ver­gan­genen Jahren einen großen Teil dieses Schutzes «aufwe­ichen» kön­nen, aber ein Teil ist da immer noch vorhan­den, eine gut geschützte Ecke, in die ich mich sofort zurück­zog, wenn ich Angst bekam oder ich das Gefühl hat­te, dass es so wie ich bin oder empfinde vielle­icht nicht okay war. Dieses Gefühl war in mir und hat­te nichts damit zu tun, dass ich Y nicht ver­traue oder unsere Beziehung son­st irgend­wie nicht gut wäre oder sie mir das Gefühl gegeben hätte, dass ich nicht okay bin. Im Gegen­teil. Mich hat dieses «Zurückziehen und hin­ter den Schutz­mauern ver­steck­en» von mir selb­st verun­sichert und trau­rig gemacht. Es war schwierig zu ver­ste­hen, warum ich mich und meine Gefüh­le nicht zeigen kon­nte, obwohl ich Y sehr liebe und ihr sehr ver­traue. Darüber zu reden war noch schwieriger.

Durch viele Gespräche mit Han­na und auch mit Y habe ich gemerkt, dass meine Empfind­un­gen und mein Erleben nicht falsch oder sehr anders waren als bei anderen.

Am Abend vor der Yon­i­mas­sage und vor allem am Mor­gen kurz davor brauchte ich von mir selb­st mehrmals eine klare Entschei­dung, mich darauf einzu­lassen. Über­raschen­der­weise gelang es mir danach, mich ohne Angst und mit Neugierde diesem Erleb­nis zu öffnen.

Ich fühlte mich sehr wohl mit Y und Han­na. Ähn­lich wie Y fand ich die Anwe­sen­heit von Han­na «richtig» und sehr schön und ich fühlte mich durch die Anwe­sen­heit dieser bei­den wun­der­baren Frauen getragen.

Die Brust­mas­sage von Y zu emp­fan­gen war sehr sinnlich für mich. Ich hat­te dabei das Gefühl, dass sich etwas in mir öffnete, etwas das lange in mir «geschlum­mert» hat. Es ist schwierig, es in Worte zu fassen. Ich glaube es hat damit zu tun, genießen zu dür­fen, das Recht dazu zu haben, es nicht nur mit dem Ver­stand zu wis­sen, son­dern mit dem Kör­p­er zu fühlen, dass das mein Recht ist.

Den Yoni-Hal­te­griff fand ich sehr schön. Es gab mir das Gefühl von «zu Hause ankom­men» und ich fühlte mich sehr gebor­gen dabei.

Ich fand es schwierig, während der Yon­i­mas­sage und auch danach zu sagen, wie es mir dabei geht. Ich kon­nte die richti­gen Worte dazu nicht find­en und hat­te auch das Gefühl, dass durch Reden etwas davon ver­loren gehen kön­nte. Ich finde auch jet­zt nur wenige Worte, um zu beschreiben, was ich erlebt habe.

Es war, wie wenn mein Körper mein ganzes Leben lang geschlafen hätte und erst jetzt zärtlich geweckt wurde.

Ich hat­te während der Yon­i­mas­sage das Gefühl, dass ich immer mehr meinen Schutzwinkel ver­lassen kon­nte und mich Ys Berührun­gen anders «erre­icht­en» als son­st. Ich kon­nte meinen Kör­p­er viel bess­er spüren. Es war, wie wenn mein Kör­p­er mein ganzes Leben lang geschlafen hätte und erst jet­zt zärtlich geweckt wurde.

Seit diesem Moment füh­le ich meinen Kör­p­er auch im All­t­ag sehr inten­siv. Manch­mal ist es mir fast zu viel und ich habe Mühe, mit all diesen Empfind­un­gen umzuge­hen. Atmen und mit Y darüber sprechen helfen mir, all dies einzuord­nen. Vielle­icht bin ich endlich in meinem Kör­p­er angekom­men und aus meinem «Dorn­röschen­schlaf» erwacht?

Am näch­sten Tag durfte Y die Yon­i­mas­sage emp­fan­gen. Ich hat­te Angst davor, weil ich bis jet­zt, als wir zu Hause massiert hat­ten, keine gute Posi­tion für mich find­en kon­nte und dies wed­er für Y noch für mich gut war. Und ich hat­te lei­der auch bei Han­na zuerst Mühe, eine für mich gute Posi­tion zu find­en und bekam zweimal einen Krampf in den Hüften. Das war schwierig. Han­na hat mich dabei sehr gut unter­stützt, mir Mut gemacht und mir dabei geholfen, doch noch eine gute Posi­tion zu finden.

Zu Beginn war ich noch etwas unsich­er, Y die Yon­i­mas­sage zu geben.

Für mich war das Geben der Yon­i­mas­sage schwieriger als das Emp­fan­gen, obwohl ich eher anders damit gerech­net hat­te. Ich merk­te während der Mas­sage, dass bei mir sehr viel Unsicher­heit war, dass ich ganz stark das Gefühl hat­te, es nicht richtig zu machen. Ich wusste, dass dieses Gefühl seinen Platz an einem anderen Ort hat­te und nichts mit Y und mir zu tun hat­te. Trotz­dem war es da. Indem ich dies erken­nen kon­nte, gelang es mir danach, mit meinen Berührun­gen und mein­er Aufmerk­samkeit ganz bei Y und bei mir zu sein und dieses Gefühl der Unsicher­heit ver­schwand. Es hat mich dann auch sehr berührt, zu fühlen und zu sehen, wie sich Y darauf ein­ge­lassen hat.


*Mit “sinnlich­er Erweck­ung” ist die Berührung der Haut mit unter­schiedlichen Mate­ri­alien (z.B. Fell, Fed­ern, Per­len­kette, Bürste) oder auch durch die eige­nen Haare, einen warmer Atemhauch, etc. gemeint.

*Mit “Map­ping” ist das Aus­massieren der Vagi­na nach einem bes­timmten Schema gemeint, das auch an die Empfän­gerin kom­mu­niziert wird. So entste­ht eine Art innere “Land­karte” (map = engl. für Karte).